Eine Kajakfahrt auf dem Mekong oder „Stirb langsam“
—- Laos, Mekong, Don Det, —-
Am Vormittag sichere auf dem Laptop, das mir Lutz dankenswerterweise zur Verfügung gestellt hat, wieder mal meine Fotos.
Von dieser anstrengenden Tätigkeit muss ich mich dann erst mal in der Hängematte erholen. Irgendwie gleichen sich die Tage auf Don Det. Hier ist die Entspannung zu Hause. Auch ich lasse mich von der Trägheit fangen. Die Insel bietet keine großen Sensationen. Irgendwann kommt in der Hängematte der Gedanke an Bewegung auf. Ich entschließe mich eine der zahlreich angebotenen Kajakfahrt zu den Flussdelphinen zu buchen. Mein Vermieter meint, das könnte ich mit dem Motorboot bestimmt bequemer haben.
Aber die ausgeruhte Seele verlangt nach Äktschn.
Es ist der vorletzte Tag und es kommt sowas wie Hektik in mein Inselleben. Schon um 8.00 Uhr werde ich per Moped zum Bootsverleih gefahren. Dort heißt es, wie in Asien üblich, zuerst einmal warten bis die Meute vollzählig ist. So ein Treffpunkt ist dann zufälligerweise ein Lokal das dem Bruder, Schwester, Onkel oder sonst einem Familienmitglied gehört.
Der alte Mann und Südkorea
Nach dem Austeilen der Schwimmwesten werden die Boote durch den Guide bestückt. Das Publikum kann durchwegs als „wir um die zwanzig“ bezeichnet werden. Lediglich ich und eine Frau, die die Tour mit ihrem 22-jährigen Sohn unternimmt, versauen den Altersdurchschnitt. Ich werde mit einer hübschen jungen Koreanerin ins Boot des Guides gesteckt. Dem alten Mann gibt man zur Vorsicht schon mal einen Begleiter mit. Die beiden anderen Koreanerinnen kommen zum zweiten Guide in die Plastikwanne. Der Rest ist in Zweierbooten unterwegs. Eine Einweisung ist aus laotischer Sicht nicht notwendig, die werden schon irgendwie klarkommen.
Schon nach 15 Minuten stromabwärts paddeln, wünschte ich, ich hätte auf Lutz gehört. Das Paddeln ist eine anstrengende Angelegenheit. Das aufrechte Sitzen verursacht Schmerzen in den Oberschenkeln und das Biersilo in der Körpermitte muss schmerzhaft erfahren, dass es noch andere Tätigkeiten gibt als die Nahrungsaufnahme zu verwalten oder die Hose in der richtigen Position zu halten.
Gott sei Dank wird die Einfahrtsrunde nach 20 Minuten durch einen 10-minütigen Fußmarsch zu einem Wasserfall unterbrochen. Auf dem Landausflug merkt man erst, wie unerträglich heiß es ist. Die Kajaks werden inzwischen auf einen Wagen geladen und mit kleinen Traktoren auf die andere Seite der Insel gekarrt. Ich komm mit einem jungen Schweizer Paar ins Gespräch. Sie sind drei Monate auf Hochzeitsreise und wollen wie ich auch noch zu den Tempeln nach Ankor Wat. Hier kommen Erinnerungen hoch. Auch wir waren 1984 auf Hochzeitsreise mit dem Rucksack unterwegs. Das damalige Backpackerparadies, die griechischen Inseln, waren zu dieser Zeit fast so exotisch, aber aus heutiger Sicht fast um die Hausecke.
Eine kleine Abkühlung und ein Picknick
Über eine abenteuerliche Hilfskonstruktion klettern wir in das kühle Nass. Der Guide zeigt dem Jungvolk ein paar Plätze, an denen man sich in die Fluten stürzen kann. Vor zwanzig Jahren wäre ich bestimmt auch an vorderster Front im Wasser gehangen. Aber der Zahn der Zeit nagt. Heute bin ich froh, wenn ich auf allen Vieren kriechend, irgendwie ins Wasser und vor allem ohne zu viel von der Flüssigkeit zu mir genommen haben wieder heraus komme.
Mich ärgert es ein bisschen, dass ich die Route nicht auf dem Handy aufgezeichnet habe. Ich hätte das ganz gerne später nochmals auf Google-Maps verfolgt.
Abenteuerlicher Zugang
Ein kleiner Hinweis. Auf den Fotos ist noch das Wasserzeichen meiner alten Web-Seite hinterlegt. Im Rahmen der Neugestaltung hab ich die Bilder ohne Änderung übernommern.
Nach einem weiteren Fußmarsch gibt’s das Mittagessen in Form von Baguettes, die stilgerecht in einem Kajak serviert werden.
Mittagspause
Ein Seitenarm des Mekongs
So gestärkt geht’s es nach einer Stunde gleich zu Beginn durch eine ziemlich starke Strömung. Unser Boot mit dem Guide wird zur Probefahrt vorausgeschickt. Als eines der Zweierboote abdriftet, springt unser Guide ins Wasser um die wieder einzufangen. Gott sei Dank ist es hier nur ca. ein Meter tief. Ohne unseren Lenker treiben wir auf ein paar weitere Stromschnellen zu. Meine Koreanerin gesteht mir in Panik, dass sie nicht schwimmen kann. Super. Jetzt muss ich das Boot irgendwie in die Richtung bringen und auch noch meine Paddelhilfe beruhigen. Hinter uns schreit der Guide und will wieder ins Boot. Wie denn, wir treiben immer weiter ab.
Plötzlich und ohne Vorwarnung tauchten zwei Felsen in der Fahrrinne auf. Die Wassermassen, die sich an den beiden großen Felsen im Fluss brachen, schlugen über dem Kopf zusammen. Ich steche das Paddel auf der rechten Seite ins Wasser und kann mit dieser Bewegung den Aufprall auf einen der scharfkantigen Felsen verhindern. Durch die plötzliche Wendung gerät das Kajak in Schieflage, Wasser dringt in das Innere. Ich schreie meine koreanischen Mitfahrerinen an, sie solle Wasser schöpfen, sonst versinken wir rettungslos in den Fluten. Die Fahrrinne wirkte wie ein dunkler Höllenschlund. Nur anhand der aufragenden Felsen war eine Orientierung überhaupt möglich.
Ich holte tief Luft, spanne meine Muskeln bis zum Zerbersten, um mit einem erneuten kräftigen Paddelschub die Richtung zu ändern und schrammte so um Haaresbreite an einem weiteren Felsen vorbei. Um ein Haar hätte ich die Besinnung verloren. Doch ich fing mich sofort wieder und stach in stakkatoartiger Folge das Paddel abwechseln rechts und links ins Wasser.
Nur so konnte ich dem unmittelbar vor uns auftauchendem Baumstamm gerade noch ausweichen. Ich mobilisierte die letzten Kräfte und mit zwei starken Paddelschüben brachte ich das Kajak wieder in die Fahrrinne.
Der Bruce Willis in mir
Ich hab immer schon gewusst, dass ich mehr drauf hab als Bruce Willis. Ich red jetzt von den Haaren auf dem Kopf. Entschuldigung, hab gerade von „Stirb langsam“ Folge 200 geträumt. In Wirklichkeit treibt uns die Strömung ins flache Wasser, der Guide wurde vom anderen Boot mitgenommen und steigt dann im Wasser (asiatisches Maß Taille, europäisch eher Kniekehle) wieder zu.
Jetzt kommt der schönste Teil der Tour. Wir beobachten die seltenen Irawadidelfine, die angeblich nur noch hier in kleiner Stückzahl leben. Es gibt verschieden Darstellungen und Geschichten über die Tiere. So soll es nur noch sechs Weibchen geben, die, so logischerweise, aussterben. Tja, manchmal wäre ein Mann doch noch ganz nützlich.
Ja wo sind sie denn………….?
Bis wir da sind, muss noch eine ganze Strecke zurückgelegt werden. Es ist unwahrscheinlich heiß und wir schütten uns immer wieder Wasser über den Kopf. In der Flussmitte dann das Warten auf die Delphine. Ich hab die Tour nicht wegen den paar Fischen gemacht. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie genau an dem Punkt auftauchen, wo zufälligerweise ein paar Kajaks, mit schulterhängenden Touris schwimmen, ist mir zu gering. So ist es dann auch. Plötzlich deutet der Guide auf das Wasser. In ca. 500m Entfernung sieht man für Sekunden etwas aus dem Wasser ragen. Das könnte auch ein Goldfisch oder sonst was gewesen sein. Als sich 10 Minuten lang nichts mehr rührt, paddeln wir weiter. Es wird immer anstrengender. Meine koreanische Mitfahrerin hat inzwischen Blasen an den Händen und benutzt da Paddel nur noch sporadisch. Auch mir gehen (nach der heldenhaften Rettung in den Stromschnellen) die Kräfte aus.
Mich tröstet, dass auch die vormals fröhlichen Jungspunde, immer ruhiger werden und genauso wie ihr Kajak-Oldie froh sind, endlich wieder Boden unter den Füßen zu spüren. Der Bus wartet schon und nach einem kräftigen Schluck eiskaltem Wasser werden wir endlich zurückgekarrt.
Auf dem Weg steht noch ein Stopp an den großen Mekongwasserfällen an(Khonephapheng Wasserfälle). Die verlangen für asiatische Verhältnisse richtig viel Geld für die Besichtigung.
Asiens größte Wasserfall. Der Khone Phapheng- Wasserfall
Nach dem alle ziemlich ausgelaugt sind, werden auf die schnelle noch ein paar Fotos geschossen, dann geht’s mit dem Bus zurück. Da es auf Don Det keine Möglichkeit gibt, an Geld zu kommen, wird am Fährhafen noch schnell der Bankautomat geplündert.
Jeder stöhnt auf als wir nochmals in die Plastikwannen steigen müssen. Nach weiteren 20 Minuten ist das auch überstanden.
Fazit: Anstrengend und nicht notwendig. Aber was macht man nicht alles aus Langeweile.
Mein organisierter Moped-Rücktransport ist vermutlich im Feierabendverkehr stecken geblieben und so spaziere ich mit den beiden Schweizern zurück zur Unterkunft. Nach einem Schnitzel mit Pommes fällt die Hängematte heute aus und ich schon um 20.30 Uhr ins Bett.
Insel – Impressionen:
Hauptsache die Sat-Schüssel passt
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