
Obwohl das Sesriem Camp außerhalb des Tores liegt, gehört es zum Park. Somit dürfen wir eine Stunde früher in den Nationalpark einfahren. Das ist der einzige Grund, warum wir den Platz gewählt haben. Es ist mit Abstand der teuerste Stellplatz der ganzen Reise und kostet 90 € pro Paar. Wie hat schon der Gott der Reisenden gesagt: Wenn du dir deinen Urlaub nicht leisten kannst, dann bleib zu Hause. Auch keine Lösung.
Gestern wurden auf die Permits mit Kugelschreiber die Öffnungszeiten notiert. Open: 6:15 Uhr. Closed 19:30 Uhr. Das heißt, früh aufstehen. Das soll Urlaub sein? .🥱
Aufbruch bei Dunkelheit
Wir haben am Abend zuvor schon alles im Auto verstaut. Die Klamotten und Schuhe hergerichtet, sodass ein umständliches Suchen entfällt. Im Schein der Stirnlampe bauen wir das Zelt ab und streichen mit der Zahnbürste noch schnell über die Kauleiste. Nach drei Wochen Übung geht das ziemlich flott, sodass wir um 6:10 Uhr schon am Parkeingang stehen. Für das Siegerpodest hat es nicht gereicht. Sieben oder acht waren schneller und stehen vor uns. Sobald sich das Tor öffnet, zieht eine Kolonne roter Rückleuchten zu der berühmten größten Düne der Welt.
Drängler und Raser
Auf der ganzen 60 km langen Strecke gilt die Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h. Natürlich ist das ein paar Drängler zu langsam. Wir werden oft sehr flott überholt. 🏎️ Keine Ahnung, warum es einigen so pressiert. Vielleicht haben sie Angst, dass die Düne heute Vormittag weggeweht wird und sie in ein Loch hinab, statt auf einen Sandhaufen hinauf steigen müssen. Im Endeffekt kann man hier max. 10 Minuten herausfahren. Soll es an dem liegen????
Im Vorbeifahren an der Düne 45 sieht man einige BergDünensteiger mit Stirnlampe schon auf dem Weg zum Gipfel.
Die Luft ist raus
Wir müssen noch 15 km weiter. Die Straße endet nach 60 km auf dem großen Busparkplatz. Dort lassen wir zuerst mal die Luft auf 0,6 bar ab und schalten den Allradantrieb zu. Bis zum Hicking-Parkplatz sind es noch weitere vier Kilometer durch losen Sand. Tschufi fährt dann flott durch die tiefen Spurrillen und bringt uns ohne Probleme durch. Wer hier hält, hat verloren. Beim Wiederanfahren gräbt sich das Auto unweigerlich ein. Hat etwas von Abenteuer. Auf der Hin- und Rückfahrt haben sich ein paar zaghafte Fahrer festgefahren. Wer sich das nicht zutraut, kann ein paar Scheinchen investieren 💶 und mit einem Allrad-Bus-Shuttle weiterfahren. Ist wahrscheinlich billiger als das Abschleppen. 💰.
Wir sind dann am Hicking- Parkplatz bei den 10 oder 15 ersten Autos. Die ersten Dünenwanderer (die Drängler und Fahrer ohne Tempolimit) sind ca. 500 m weiter am Aufstieg zur Düne. Was für ein Vorsprung. 🙈
Es ist um diese Zeit mit 15–16 Grad noch sehr frisch, sodass man ein Jäckchen schon vertragen kann. Am Parkplatz fehlt es an Wegweisern. Zumindest haben wir keine gesehen. Wir folgen dem Herdentrieb über den Roten Sand und landen im Deadvlei.
Wunderbare Morgenstimmung
Das Vlei liegt noch zur Hälfte im Schatten der Düne. Dadurch entsteht eine wunderbare Stimmung und ein paar nette Schattenfotos.

Schattenspiele am Morgen



Mystische Stimmung
Wir spazieren alle mit Respekt im Bann der alten, abgestorbenen, teilweise über 500 Jahre alten Kameldornbäume durch den ausgetrockneten See.





Der Oryx fürs Foto

Zur Halbzeit erscheint auch der vom Park angestellte Oryx auf der Düne, um seine täglichen Foto-Rationen abzuholen. Leider ist er selbst für mein 400er Tele noch zu weit weg, um mich mit einem vernünftigen Foto in die Heerscharen im Internet einzureihen. Als wir nach einer Stunde das Deadvlei verlassen, wird es so warm, dass wir die Jacken ausziehen können. Nachtrag: Im April/Mai 2025 gab es so starke Regenfälle, dass das Vlei nach langer Zeit wieder zeitweise unter Wasser stand.
Endlich der Depp der Reise
Die Bustouris haben ausgeschlafen und übernehmen die Herrschaft. Vornehmlich asiatische Gruppen mit den ausgefallensten Kleidungen. Pinkfarbene Gummistiefel, poppige Sonnenschirme, Ganzkörperschutzkondome und natürlich grellfarbene Sonnenhüte stehlen den alten Bäumen die Show. Wenn die Bäume nicht schon abgestorben wären, würden sie wohl bei dem Anblick ihr Laub abwerfen. Allen voran ein junger Mann mit seiner Zwei-Tonnen-Kamera 🤭 und einem maibaumgroßen Stativ. Aus diesem Grund waren Kopfhörer vermutlich zu schwer und er beschallte alle mit lautem asiatischem Gedudel auf dem Handy. 🖕
Wird aber auch Zeit. Nachdem ich auf fast allen unseren Reisen einen dieser „ich-muss-auffallen-kostes-was-es-wolle-Typen (ist das geil) oder „ich-bin-strohdumm-und-muss-es-allen-erzählen-Typen“ (fremdschämen) ☠️ getroffen hab, wäre ich dieses Jahr fast ohne Nervensäge davongekommen. 🤡
Auf die Düne
Am Ende treffen wir wieder Tschufs die auch gerade aus dem Deadvlei zurückkehren. Sie wollen noch die Düne hochgehen. Zurück zum etwas gemäßigten Weg wollen sie nicht und erklimmen teilweise auf allen vieren die Düne direkt an der Flanke. Ziemlich steil und anstrengend. Ich nehme die etwas längere und nicht so steile Variante. Isolde setzt sich in den Schatten am Parkplatz.
Es ist jetzt richtig heiß geworden. Auf der Sonnenseite hat der Sand in kürzester Zeit seine Festigkeit verloren. Lediglich auf der Schattenseite ist er noch etwas kühler und fester. Zwischenzeitlich pfeift der Wind ganz schön kräftig und lässt die kleinen Sandkügelchen wie beim Sandstrahlen auf die Haut prallen. Als wir im Sand sitzen und Leute an uns vorbeigehen, haben wir den ganzen Sand im Gesicht. Ich will keinen Sand in der Kamera und fotografiere nur noch mit dem Handy.

Steil Bergauf

Gegenlicht – Scherenschnitt

Gemäßigt Bergauf

Ein riesiger Sandkasten


Pause im Wind
Wir sitzen eine ganze Weile auf dem Dünenkamm und genießen die fantastische Aussicht auf den unendlich scheinenden Sand in allen Farben. Trotz der Anstrengung sind Massen an Leuten unterwegs. Beim Abstieg kommt uns eine Truppe entgegen, die garantiert alle über 70 sind. Während wir beim Hochgehen das letzte Lüftchen aus den Lungenflügeln quetschen, marschiert die mit Trekkingstöcken bewaffnete Rentnerband, lachend und plaudernd an uns vorbei.
Frühstück im Sand
Langsam gehen wir wieder nach unten und suchen auf dem Parkplatz ein Plätzchen fürs ausgefallene Frühstück. Wer kann schon von sich behaupten, mit Blick auf Big Daddy und Sand zwischen den Zähnen gefrühstückt zu haben? Kalle organisiert an den spärlichen Tischen ein Plätzchen, an dem zwei Männer in unserem Alter, gerade die gleiche Idee haben. Ich hab die beiden schon beobachtet, wie sie, auch wie Tschufs senkrecht die Düne hoch sind.
Es stellt sich heraus, dass beide aus Deutschland sind. Ein Münchner und sein Freund aus Freiburg im Breisgau. Sie sind jetzt seit fünf Wochen über Tansania und Botswana nach Namibia gefahren. Sie geben uns noch den Tipp, den Sesriem-Canyon zu besichtigen.
Tschufi bringt uns wieder durch den Sand zurück auf den Parkplatz. Umringt von zahlreichen Asiaten wird mit dem Kompressor der Luftdruck wieder auf 1,6 Bar gebracht. Ab hier fährt Isolde die eintönigen 60 km zurück zum Campingplatz. Ich seh auf meinem rechten Auge immer noch nichts und falle als Fahrer aus.

Sandpiste zum Parkplatz

Aufpumpen

Den haben wir uns verdient
Zwischenzeitlich ist es früher Nachmittag. Nach einer kleinen Pause mit Cappu im Restaurant beschließen wir, noch durch den Sessriem-Canyon zu wandern.
Der Sesriem Canyon
Laut Komoot ist er ungefähr 5 km entfernt und zirka 1,5 km lang. Der Weg dorthin führt über eine richtig schlechte Wellblechpiste, die uns und den Toyota richtig durchschüttelt. 😖 Klar, wir sind ja in einem staatlichen Park. Zwanzig Meter daneben, durch einen Zaun getrennt, geht parallel eine schöne, gerade Straße ohne Löcher zu einem privaten Resort. Ein Beispiel, dass es auch anders geht.
Auch auf dem Parkplatz ist nichts ausgeschildert, sodass wir den Eingang hinunter zum Canyon erst suchen müssen. Wegen fehlendem Massenandrang können wir auch dem Herdentrieb nicht folgen und landen in einer Sackgasse. Erst als ein Pärchen aus dem Canyon heraufkommt, finden auch wir das richtige Loch. Die Schlucht ist einfach zu laufen und bietet interessante Einblicke. Wir schlendern ungefähr einen Kilometer durch den Canyon, ehe wir wieder umkehren. Auf dem Rückweg beim Abzweig „Waterfall“ führt der Weg in eine Sackgasse zu den schönsten Fotomotiven.

Die Schlucht des Sesriem-Canyon


Trotz der Dürre immer wieder mal was Grünes



Mir fehlt mit einem blinden Auge die räumliche Tiefe, mit der ich die Unebenheiten ausgleichen kann. Aber etwas langsam und mit Vorsicht komme ich auch auf dem unebenen Gelände ganz gut zurecht. 👁️🗨️

Eine seltene Rasse- das Einauge
Die letzte Nacht im Zelt
Nachdem wir gestern bei völliger Dunkelheit gekocht haben, machen wir das heute etwas besser und sind noch vor der Dämmerung mit dem Essen fertig. 🍲 🍖
Am Rand vom Campingplatz sind drei oder vier Oryx beim Grasen im Schatten unter einem Baum. Eine schöne Idylle. Sie sind die Menschen gewohnt. Als es dunkel wird und wir dann unser Geschirr zusammenräumen, laufen sie nur ein paar Schritte entfernt an uns vorbei durch den Park.

Essen zubereiten

Zaungäste ohne Zaun

Heute ist unsere letzte Nacht im Zelt. Wir haben morgen noch ein Zimmer in der Kalahari und zwei Nächte in einem Hotel in Windhuk bevor wir wieder nach Hause fliegen. Beim abendlichen Fazit kommt ein bisschen Wehmut auf. Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergeht.

Es wird Zeit das Bettchen zu richten
Fazit Sossusvlei:
Die Dünen und die abgestorbenen Kameldornbäume in Deadvlei gehören zum Pflichtprogramm in Namibia. Dementsprechend stark frequentiert sind sie auch. Wir wurden nicht enttäuscht. Im Gegenteil: Trotz überflutendem Bildmaterial im Internet und hochauflösenden Drohnenfilmchen im Fernsehen waren die Eindrücke überwältigend. Ein zweidimensionales Foto kann die Wirklichkeit nie ganz darstellen.
Was würde ich ändern? Am ersten Tag, wenn man zeitig ankommt, zuerst zum Sesriem Canyon. Dann zur Düne 45 und dort bis zum Sonnenuntergang verweilen.
Am nächsten Morgen bei Dämmerung die Düne 45 besteigen. Der Vorteil: Sie liegt näher und ist direkt mit dem Auto zu erreichen. Das zeitaufwändige Luftablassen entfällt. Man ist fast eine Stunde früher auf dem Weg zum Dünengipfel. Wir haben auf dem Weg zum Deadvlei mehrere Gruppen mit Stirnlampe beim Aufstieg gesehen. Sie ist zwar nicht ganz so hoch wie Big Daddy dafür kürzer und nicht so anstrengend. Wer nicht unbedingt mit der Besteigung der höchsten Düne prahlen will, kommt hier auf seine Kosten. Einem Foto sieht man es nicht an, auf welcher Höhe es geschossen wurde.
Anschließend die Weiterfahrt zum Deadvlei. Dort muss man sich mit etwas mehr Touris abfinden. Wobei die Bustouris am Mittag schon wieder auf dem Weg zum nächsten Highlight sind. Wer will, kann ja den Big Daddy noch ein Stück weit hochgehen und ein Foto vom Deadvlei von oben schießen.
Den Big Daddy zum Sonnenaufgang zu erwandern, scheint mir unmöglich. Wer eine Distanz von 60 km bei einer Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h zurücklegen soll, braucht kein mathematisches Genie zu sein, um festzustellen: Das dauert eine Stunde. Wer etwas schneller fährt, holt max. 10 Minuten heraus. Am Parkplatz die Luft abzulassen um zum Hicking-Parkplatz zu kommen, vergehen weitere 15 Minuten. Wir waren bei den ersten Besuchern auf dem Parkplatz. Zu diesem Zeitpunkt war die Sonne schon aufgegangen, lediglich das Deadvlei lag noch im Schatten der Dünen.
Die zweite Übernachtung würde ich außerhalb des Parks buchen. Es ist billiger, der Komfort um einiges besser und man fährt am nächsten Tag sowieso weiter.
Hier die Route auf Komoot
Route Sesriem Canyon: https://www.komoot.com/de-de/tour/1558601924
Route Deadvlei: https://www.komoot.com/de-de/tour/1556556630
Ich hab die Route auf Komoot aufgezeichnet, da auf GoogleMaps oft nicht alle Straßen, besonders die kleinen Nebenwege, dargestellt werden. Die Entfernungsangaben sind ziemlich realistisch. Da Komoot eine Wander- und Fahrrad-App ist, stimmen die Fahrzeiten nicht mit einem Auto überein.
Mega geschrieben, Mega Bilder!!!
Ich würde auch ein zweites Mal hinfahren und einfach nur den Licht/ Schattenspielen zusehen.